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Zuflucht und Nachbarschaft

14.02.15 –

Zuflucht und Nachbarschaft

Belit Onay, Landtagsabgeordneter der Grünen, geht genau diesen Themen bei Hausbesuchen in Niedersachsen auf den Grund.

Im Landkreis Diepholz besucht er an diesem Tag insgesamt fünf Flüchtlingsunterkünfte in Syke und in Bassum, begleitet von Vertretern des Kreisverbands sowie der Ortsverbände. 

In Bassum wurde Benit von Bürgermeister Christian Porsch empfangen um anschließend begleitend von Stadtrat Norbert Lyko und Ordnungsamtsleiter Andreas Abelt einige Unterkünfte zu besuchen.

Im Gespräch mit dem 48-Jährigen aus Bosnien-Herzegowina erfährt Onay, dass der Familienvater und viele andere Betroffene gern arbeiten würden – und etwas zurückgeben möchten für die Unterstützung, die sie erhalten: „Besser alle arbeiten...“ Genau das hört Belit Onay, als Sohn türkischer Eltern in Goslar geboren, nicht zum ersten Mal.

Nicht arbeiten dürfen: In der gleichen Situation sei in Hannover ein Flüchtling aus dem Sudan, Spezialist für Wirbelsäulen-Operationen. „Solche Ärzte werden bei uns dringend gebraucht“, so Onay – und übt heftige Kritik an der Vorrangprüfung. Dieser Gesetzesvorgabe zufolge dürfen Flüchtlinge nur Arbeitsplätze übernehmen, die nicht mit deutschen Arbeitnehmern besetzt werden können. Doch das sei graue Theorie: „Auf dem Papier gibt es zwar solche deutschen Arbeitnehmer. Aber in Wirklichkeit stehen sie überhaupt nicht zur Verfügung!“, ärgert sich der 34-jährige Landtagsabgeordnete.

Welche politische Entscheidung ist für ihn die dringendste? „Ich würde sofort das Asylbewerberleistungsgesetz kippen, weil es unheimlich diskriminierend ist.“ Entstanden sei es einst unter völlig anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, so Onay. Das Know-How und die Arbeitskraft der Flüchtlinge würden heute in der Gesellschaft dringend gebraucht.

Im Anschluss hielt Belit einen Vortrag über die bisherigen Erfolge in der Flüchtlingspolitik unter der Rot-Grünen Landesregierung und die weiteren notwendigen politischen Schritte. Für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus Syrien und die Übernahme der Krankheits- und Pflegekosten wurden von der Rot-Grünen Landesregierung für die Jahre bis 2020 insgesamt 18,15 Mio. EUR in den Landeshaushalt eingestellt. Auf Grund der gestiegenen Fallzahlen wurde außerdem eine hauptamtliche externe Fachberatungsstelle zur Unterstützung der ehrenamtlichen Mitglieder der Härtefallkommission eingerichtet. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. erhält im Haushaltsjahr 2015, wie bereits im letzten Jahr, eine institutionelle Förderung zur Grundausstattung seiner Geschäftsstelle in Höhe von 90.000 EUR. Und das Land unterstützt den Aufbau eines Psychosozialen Zentrums für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen, welches ab 2015 mit jährlich 300.000 EUR gefördert wird. Auch haben mittlerweile alle niedersächsischen Kommunen die diskriminierende Wertgutscheinraxis beendet und durch Bargeldauszahlungen ersetzt. Bisher konnten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern nur mit Gutscheinen in ausgewählten Läden Essen und Trinken, Kleidung und Hausrat erwerben. Außerdem wurde im letzten Dezember in Osnabrück die vierte Landesaufnahmebehörde eröffnet, welches die niedersächsischen Kommunen angesichts der anhaltend hohen Zugangszahlen von Flüchtlingen entlasten wird.

86 Flüchtlinge leben allein in der Stadt Bassum, erfährt der Landtagsabgeordnete vom Ersten Stadtrat Norbert Lyko und Ordnungsamtsleiter Andreas Abelt. „Bis zu 70 weitere sind uns angekündigt“, so Lyko. Ihre Unterbringung ist eine Herausforderung für die Stadt – zumal das von der Stadt angemietete, ehemalige Leistungszentrum der Schützen ab 1. April nicht mehr zur Verfügung steht. Denn der Eigentümer aus Bramstedt hat Eigenbedarf: Er bringt dort seine Saisonkräfte für die Spargelernte unter.

Deshalb prüft die Stadtverwaltung zurzeit, ob sich das ehemalige Pastorenhaus an der Querstraße und das ehemalige Berufsqualifizierungszentrum des BNVHS (Bildungswerk Niedersächsischer Volkshochschulen) als Flüchtlingsunterkünfte eignen. Selbst auf Mobilhäuser hat die Stadt schon zurückgreifen müssen. In der kleinen Siedlung am Rande des Gewerbegebiets leben etwa 40 Erwachsene und Kinder – darunter ein 48-jähriger Roma aus Mazedonien mit seiner Familie. Wovon er träumt? „Arbeit und ein eigenes Haus!“ Erfahrungen auf Baustellen und im Heizungsbau bringe er mit.

Quelle: Auszüge aus der Kreiszeitung vom 14.02.2015

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